Der Landtag von Niederösterreich trat heute um 13 Uhr unter dem Vorsitz von Präsident Mag. Karl Wilfing zu einer Sitzung zusammen.
Nach den Mitteilungen folgte eine Aktuelle Stunde betreffend „neue Konzepte für die Pflege sind gefragt – leistbare, transparente und menschliche Lösungen für Niederösterreich“.
Abgeordnete Mag. Karin Scheele (SP) eröffnete die Debatte und betonte, Pflege sei ein top-aktuelles Thema und auch ein Schlüsselthema unserer Gesellschaft. „Ein Bett alleine pflegt niemanden“, meinte sie, es brauche vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Pflegebereich und es brauche konkrete Verbesserungen der Arbeitsbedingungen. Als Beispiel nannte sie u. a. eine gesonderte Regelung zur Schwerarbeiterpension, für Menschen, die in der Pflege aktiv seien. Sie sprach sich für einen verpflichtenden Pflegeschlüssel aus, der auf wissenschaftlicher Basis erarbeitet werden soll. Ein weiterer Punkt sei der Sanierungsscheck für die Sicherung der Pflege zuhause, denn es sei wichtig, dass es finanzielle Förderungen gebe, um das eigene Heim barrierefrei umbauen zu können.
Abgeordnete Mag. Edith Kollermann (Neos) meinte, die Pflegereform des Bundes sei kein „game changer“. Positive Punkte seien etwa die Bemühungen, die Attraktivität der Ausbildung zu verbessern, und dass es eine bessere Entlohnung geben könnte. Es würden allerdings keine strukturellen Probleme angegangen, kritisierte sie. Mehr Geld sei gut, aber eine Reform sei das nicht. Es brauche vor allem nachhaltige Lösungen, und es brauche auch mehr Prävention und eine klare Kompetenzverteilung.
Abgeordnete Mag. Silvia Moser, MSc (Grüne) sagte, es gebe heute Erfreuliches zu berichten, nämlich die Pflegereform. Ein grüner Sozialminister habe umgesetzt, was andere jahrelang verschleppt hätten. Weitere Schritte müssten folgen und vor allem müssten die Bundesländer jetzt umsetzen. Jetzt sei das Land Niederösterreich am Zug, denn die Pflege sei Ländersache. In Niederösterreich brauche es 9.500 zusätzliche Pflegekräfte, und dazu sei diese Reform ein wichtiger Schritt. Die Politik könne nicht alles regeln, im mobilen Dienst müssten die Trägerorganisationen dringend Verbesserungen für das Personal schaffen. Die Landesregierung müsse die Pflegereform rasch mit den nötigen Maßnahmen füllen.
Abgeordneter Ing. Martin Huber (fraktionslos) sprach von „Realitätsverweigerung“ und einer „Politshow“. Die Pflegemilliarde sei nicht mehr als ein weißes Blatt Papier. Man müsse den Zugang zum Beruf erleichtern, in Pflege und Betreuung trennen, durch Pflege von Österreichern durch Österreicher die Wertschöpfung im Land halten, Versicherungszeiten für pflegende Angehörige ermöglichen etc.
Abgeordneter Erich Königsberger (FP) meinte, der Pflegenotstand sei zu einem „akuten Notfall“ geworden. Zielführende Vorschläge anderer Parteien würden von der VP blockiert. Der Pflegekollaps werde „auf dem Abstellgleis geparkt“, die Pflegereform sei nach jahrelangem Nichtstun ein unausgereifter Schnellschuss, der niemanden motivieren werde, den Beruf zu ergreifen oder weiter auszuüben. Der Entfall der Sprachkompetenz sei eine weitere Qualitätsminderung. Mit der Pflegereform sei nicht einmal ein Bruchteil der benötigten Pflegekräfte aufzustellen.
Abgeordneter René Pfister (SP) nannte das SP-Programm leistbar, transparent und menschlich. Die Pandemie habe das System an den Rand der Belastbarkeit geführt. Die Bundesregierung habe Schritte in die richtige Richtung gesetzt, das sei aber noch viel zu wenig. Die VP verschiebe das dringend notwendige Handeln, man könne mit Aus- und Weiterbildung sowie Umschulungen aber nicht weiter warten. Das derzeitige Gehalt liege unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle, ein evidenzbasierter Personalschlüssel könnte klare und planbare Freizeitblöcke gewährleisten. Ziel der SP sei es, Pflege und Betreuung zu einem Traumberuf zu entwickeln.
Abgeordneter Anton Erber, MBA (VP) betonte, es gehe um Menschen. Das Thema eigne sich nicht, politisches Kleingeld zu wechseln. Es gehe nicht nur um Lösungen für heute, sondern für die Zukunft. Pflege sei nicht eine Reform, sondern ein permanentes Thema. Die Pflegereform schaffe ein gutes Fundament für die Zukunft. Landesrätin Teschl-Hofmeister habe dafür gesorgt, dass viel Niederösterreich in diesem Paket stecke. So orientiere sich die sechste Urlaubswoche ab dem 43. Lebensjahr an Niederösterreich. Weitere wichtige Punkte seien u. a. die bessere Planbarkeit des Dienstes, Erleichterungen für die Rot-Weiß-Rot-Card zur Bedarfsabdeckung und der Rechtsanspruch auf Ausweitung der Pflegekarenz.
Es folgte eine weitere Aktuelle Stunde betreffend „gerade jetzt: Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandortes NÖ – Für Wachstum, Arbeitsplätze und Nachhaltigkeit“.
Abgeordneter Mag. Kurt Hackl (VP) sagte, heuer sei ein geschichtsträchtiges Jahr, es werde „100 Jahre Niederösterreich“ gefeiert. Erst vorgestern sei „25 Jahre Landtag in St. Pölten“ hier im Sitzungssaal gefeiert worden. Das Bruttoregionalprodukt von 1980 habe 11 Milliarden Euro betragen, heute seien es rund 60 Milliarden Euro. Die Anzahl der Unselbstständigen habe 1980 etwa 430.000 Personen betragen, heute liege diese Zahl bei 640.000 Menschen. Man könne somit behaupten, man habe sich „vom Hinterhof der westlichen Welt zu einer blühenden Region in der Mitte von Europa“ entwickelt. Niederösterreich habe sich von einem Agrarland zu einer Wirtschafts-, Forschungs- und Technologieregion entwickelt.
Abgeordnete Mag. Indra Collini (Neos) meinte, Niederösterreich sei ein tolles Wirtschaftsland, aber dass viele Unternehmerinnen und Unternehmer gut durch diese Krise gekommen seien, sei nicht der VP zu verdanken. Die Unternehmer hätten das durch harte Arbeit, Ideenreichtum, unternehmerischen Mut und Risikobereitschaft geschafft. Die VP vertrete schon lange nicht mehr die Interessen der Wirtschaft, sondern ihre eigenen Interessen und die Interessen der Teilorganisationen.
Abgeordneter Mag. Georg Ecker, MA (Grüne) betonte, es brauche ein massives Umdenken, es brauche eine Energiewende und damit eine Zeitenwende in der Wirtschaftspolitik in Niederösterreich. Zwei Drittel des Energieverbrauchs würden aus fossilen Rohstoffen gewonnen. Diese falsche Entwicklung sei auf politische Entscheidungen zurückzuführen. Es seien politische Entscheidungen im Bund und politische Entscheidungen im Land gewesen, die uns in diese politische Abhängigkeit gebracht hätten.
Abgeordneter Ing. Mag. Reinhard Teufel (FP) hielt fest, die Preise würden bei den Tankstellen, beim Supermarkt und bei den Mieten steigen. Man hätte heute die höchste Inflation seit 40 Jahren und die Inflation werde nicht vorbeigehen, sondern uns noch Jahre beschäftigen. Wie in der Vergangenheit sei die Regierung in diesem Zusammenhang zu langsam, zu spät dran und auf der Suche nach falschen Antworten.
Abgeordneter Alfredo Rosenmaier (SP) meinte, man müsse digitaler werden, man müsse Bildung aktivieren, man müsse geistig flexibler werden, man müsse die Ausbildung intensivieren und die Pflege als moralische Verpflichtung einstufen. Allgemeinbildung sei auch etwas unglaublich Wichtiges. Die Politik sei gut beraten, die Kaufkraft der Menschen so rasch wie möglich zu steigern, meinte er. Wichtige Themen seien gerade jetzt auch die Erneuerbare Energie und die Landwirtschaft. Als einen wichtigen Punkt bezeichnete er auch die Entwicklung der Landeshauptstadt, ging er auf das Thema S 34 näher ein.
Abgeordneter Christoph Kaufmann, MAS (VP) hielt fest, man brauche Leitbetriebe in Niederösterreich, auch für die klein- und mittelständischen Unternehmen und die Ein-Personen-Unternehmen. Es handle sich hier um kommunizierende Gefäße. Der Wirtschaftsstandort Niederösterreich könne eine Erfolgsbilanz vorlegen. Ein Mittel für den Erfolg sei auch die Sichtbarkeit des Wirtschaftsstandortes Niederösterreich, und dafür sorgten u. a. auch die Wirtschaftsagentur ecoplus, die Wirtschaftskammer und das Wirtschaftsressort des Landes. Trends frühzeitig erkennen, Lernen von den Besten, die Zusammenarbeit suchen – das mache den Erfolg des Wirtschaftsstandortes Niederösterreich aus und das sichere auch Arbeitsplätze.
Abgeordneter Mag. Helmut Hofer-Gruber (Neos) replizierte, die von seiner Fraktion geäußerte Kritik am öffentlichen Dienst sei „Kritik, kein Bashing“. Es gehe etwa darum, dass die Digitalisierung „endlich Spuren bei den Verwaltungskosten hinterlässt“.
Abgeordneter Mag. Kurt Hackl (VP) meinte, die Neos würden „ein Bashing des Öffentlichen Dienstes“ betreiben. Der Öffentliche Dienst habe uns durch die Krise geführt, genauso wie die anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Betrieben, genauso wie die Wirtschaft und die Landwirtschaft, man solle sich nicht auseinander dividieren lassen.
Die weitere Berichterstattung über die Sitzung des NÖ Landtages findet man unter https://noe-landtag.gv.at/sitzungen/XIX/2022-05-19
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